Donnerstag, 30. Dezember 2010

Zur Rolle des Generalanwalts beim EuGH

Was ist Aufgabe eines Generalanwalts beim EuGH? Dies fragen sich wohl kaum nur Laien in der europarechtlichen Diskussion. Das Tätigkeitsfeld scheint - zumindest für deutsche Juristen - weitgehend unklar, was sich leicht damit erklären lässt, dass ein solcher Generalanwalt im deutschen Rechtssystem schlichtweg nicht existiert.  Daher lohnt es sich dessen Aufgaben und Tätigkeitsbereiche näher zu betrachten. Zugleich soll die Rubrik „Grundlagen des Europarechts“ hiermit einen ersten Eintrag erhalten.

Freitag, 10. Dezember 2010

Die europarechtliche Aufspaltbarkeit des Vertriebs

Das Urteil des EuGH vom 2. Dezember 2010 in der Rs. C-108/09 – Ker-Optika Bt.

In seinem Urteil zur Rechtssache Ker-Optika Bt. folgt der Gerichtshof klar und deutlich den Ausführungen des Generalanwalts Mengozzi, wie sie in seinen Schlussanträgen vom 15.6.2010 (cf. auch den Beitrag Die Mitgliedstaaten als Herren der Gesundheit ihrer Bürger) niedergelegt sind.
Demnach ist eine Einschränkung des Vertriebs von Kontaktlinsen über das Internet, wie sie vom ungarischen Recht vorgesehen wird, als nicht verhältnismäßige Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit einzuschätzen.

Sonntag, 28. November 2010

Adel verpflichtet – nicht unbedingt.

Jedenfalls nicht zwangsläufig die österreichischen Behörden.
Zur Europarechtsfestigkeit des österreichischen Namensrechts nach den Schlussanträgen in der Rechtssache C-208/09 „Ilonka Sayn-Wittgenstein“.
Die Benennung der Schlussanträge von Generalanwältin Eleanor Sharpston in der Rechtssache C-208/09 vom 14.10.2010 nimmt das Ergebnis fast schon vorweg: das österreichische Namensrecht für die Namen Adliger ist grundsätzlich europarechtskonform. Folgerichtig ist die Rechtssache auch als „Ilonka Sayn-Wittgenstein“ bezeichnet und nicht als „Ilonka Fürstin von Sayn-Wittgenstein“.

Freitag, 26. November 2010

policy.io

Im Zusammenhang mit unserem Beitrag „Die Mitgliedstaaten als Herren der Gesundheit ihrer Bürger“ wurden wir auf das englischsprachige Blog www.policy.io aufmerksam, das sich in geradezu verlockend übersichtlicher Weise der verschiedensten Themen im Bereich der europäischen Gesundheitspolitik annimmt.

Ein Besuch auf dieser Seite – gerade auch im Hinblick auf die neuesten Entwicklungen in den verschiedenen nationalen Gesundheitssektoren – ist überaus lohnenswert.

Wie nicht zuletzt der Beitrag „lex posteritas December“ zeigt ( Ker-Optika Bt.), gibt es offensichtliche thematische Gleichklänge zwischen dem VSR Europa Blog und www.policy.io.

Mittwoch, 24. November 2010

myops – Berichte aus der Welt des Rechts

Eine (subjektive) Zeitschriftenrezension.

Obwohl bereits im 4. Jahrgang und obwohl im juristisch geradezu allgegenwärtigen Verlag C.H. Beck erschienen, ist die (vom Format her) kleine, von Rainer Maria Kiesow, Benjamin Lahusen, Regina Ogorek und Dieter Simon herausgegebene Zeitschrift „myops“ nicht gerade das erste Periodikum, mit dem der (angehende) Jurist vertraut gemacht wird. Auch in meinem – ansonsten ganz und gar unbedeutenden – Falle war es besagter 4. Jahrgang, dass ich erstmals eines der (und auch das muss einmal gesagt werden) angenehm in der Hand liegenden Hefte zu lesen bekam.

Freitag, 5. November 2010

Die Mitgliedstaaten als Herren der Gesundheit ihrer Bürger


Der Einschätzungsspielraum der Mitgliedstaaten im Bereich des Gesundheitsschutzes – ein Paradigmenwechsel?

von Matthias Schäfer, LL.M.

Hatte man in der Vergangenheit den EuGH beständig im Verdacht, die Bedeutung der Grundfreiheiten und des sie konkretisierenden Sekundärrechts auch unter Verstoß gegen die grundsätzliche Zuordnung des Gesundheitsschutzes zur Zuständigkeitssphäre der Mitgliedstaaten in Art. 168 AEUV steigern zu wollen, so schlugen der Gerichtshof bzw. Generalanwalt Mengozzi in der jüngeren Vergangenheit ganz andere Saiten an und spielten wiederholt eine süße Melodie auf die Souveränität der Mitgliedstaaten in diesem Bereich.

Noch 2006 baute der EuGH in der Rs. C-372/04 – Watts die Reichweite der Grundfreiheiten konsequent immer weiter aus und engte damit den Anwendungsbereich des Art. 168 AEUV (vormals Art. 152 EG), in dem sich der Wille der Mitgliedstaaten manifestiert, dem Einfluss der Union auf die Versorgungssysteme für den Krankheitsfall und die Systeme der sozialen Sicherung enge Grenzen zu setzen, immer weiter ein.[1]
Zwar bediente sich der EuGH auch in seinem Watts-Urteil der altbekannten Formel, dass die Mitgliedstaaten ihre Befugnisse unter Rücksichtnahme auf das Unionsrecht und insbesondere unter Beachtung der Grundfreiheiten auszuüben haben[2], er wies jedoch zugleich darauf hin, dass sie sowohl das Primär- als auch das Sekundärrecht "unvermeidlich [dazu] verpflichtet", Anpassungen in ihren nationalen Systemen der sozialen Sicherheit vorzunehmen. Diese seien dann freilich nicht als Eingriff in die souveräne Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Gesundheitsbereich zu werten.[3]
Damit statuierte der Gerichtshof letztlich einen Vorrang der Grundfreiheiten vor der ebenso primärrechtlich erfolgenden Kompetenzzuweisung für den Bereich des Gesundheitsschutzes an die Mitgliedstaaten.[4] Die Grundfreiheiten schienen so für eine richterlich veranlasste Harmonisierung der Gesundheitssysteme und in der EU und damit eines an internationalen – nicht nationalen – Standards ausgerichteten unionsweiten Mindestniveaus bei der Krankenhausversorgung instrumentalisiert werden zu sollen.[5] Dies widerspräche nicht nur dem in Art. 168 AEUV explizit geäußerten Willen der Mitgliedstaaten, sondern bedeutete auch die Begründung originärer, anspruchserweiternder unionsrechtlicher Leistungsrechte von Patienten auf Kosten der Mitgliedstaaten. Spätestens damit hätten die richterlichen Kompetenzen des EuGH ohne weiteres als überschritten angesehen werden können.[6]

Welch andere Melodie erklingt demgegenüber im Urteil "Doc Morris"[7] und in den Schlussanträgen von Generalanwalt Mengozzi in der Rechtssache "Ker-Optika Bt."[8]

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